Weihnachten - Das Fest der Katzen by Dammel Gesine

Weihnachten - Das Fest der Katzen by Dammel Gesine

Autor:Dammel, Gesine [Dammel, Gesine]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2015-05-25T16:00:00+00:00


Ja, und am nächsten Tag kam der Mistral. Fies kalt war der Wind, und er rasierte mir fast das Fell ab. Deshalb machte ich erst sehr spät am Vormittag meinen Rundgang und wurde dabei von Anne und Christian begleitet. Vor der Patisserie trafen wir dann auch Martina mit Berti und eine sehr einsilbige Karin mit Teddy an der Hand. Sie sprachen davon, ihren Aufenthalt in der Provence abzukürzen und zwei Tage früher heimzukehren. Allerdings überraschte sie uns damit, dass sie für sich und ihren Sohn Aprikosentörtchen kaufte, die sie sofort aus der Hand verzehrten. Teddy war demzufolge recht zahm.

Und dann war da wieder diese Musik. Der Flötenspieler saß am Brunnen und wob seine Töne in den Wind. Wie gebannt blieb ich stehen. Auch die Menschen hielten, ohne dass sie es merkten, inne, und ihre Bewegungen wurden langsamer.

»Wie schön. Lass uns einen Moment lauschen.«

Martina setzte sich auf ein Steinmäuerchen, Anne daneben, und auch Berti und Christian ließen sich verzaubern. Sogar Karin gesellte sich friedfertig dazu.

Mirage lag zu den Füßen des Flötenspielers. Ein Napf mit Wasser und ein leerer mit Fleischgeruch standen dicht bei seiner graumelierten Schnauze. Er war schon recht betagt. Doch als er seine Augen öffnete und mich ansah, wirkte er wachsam und klug. Wieder hatte ich den Eindruck, als lache er mich an. Vorsichtig ging ich ein paar Schritte auf ihn zu, ignorierte das angstvolle Einatmen von Karin und berührte seine Nase. Ich meine, eine Katzenzunge ist außen herum feucht und ansonsten borstig. Es war ja sicher gut gemeint von ihm, mir übers Gesicht zu lecken. Aber Hundezungen sind nun mal überall feucht. Aber dann – Vivi hatte natürlich recht, er konnte ein wenig unsere Sprache – sagte er: »Les chatons, Nina! Die Kätzchen. Eins für mich, zwei für die Frau.«

Erst wusste ich nicht, was er meinte, aber dann entdeckte ich den Korb. Darin ein Wasserschüsselchen und ein paar Krümel Trockenfutter der billigsten Art. Und die drei Kätzchen. Ein ganz schwarzes, ein schwarzes mit weißen Pfoten und ein Glückskätzchen, weiß-rot-schwarz. Sie lagen apathisch in einem Handtuch, Pfoten und Schwänze umeinander gewickelt. Ich ging zu ihnen hin, um zu hören, ob sie damit einverstanden wären. Aber sie waren noch sehr klein. Immerhin hatten sie alle drei eine besondere Ausstrahlung – am meisten aber das Glückskätzchen. Es reagierte auch als Erstes und krähte: »Mikääää.«

Ich beschloss, Anne zu sensibilisieren. Ihre Füße baumelten von der Mauer, und ich stupste sie an.

»Na, Nina, was gibt's?«

»Mauauaua!« Meine Stimme mischte sich aufs Schönste mit den ätherischen Tönen des Flötenspiels. Allerdings blickte der Mann mich kurz irritiert an. Ich schwänzelte die paar Schritte zu dem Korb und maunzte noch mal. Dabei fühlte ich, dass die Menschen mir nachsahen.

»Sie verschenken wieder Kätzchen. Sind die süß.«

Berti war mir als Erster nachgekommen. Von Mitleid hin und her gerissen, stand der Junge vor dem Korb. Die Musik endete in einem sacht vibrierenden Klang, und der Flötenspieler trat zu der kleinen Gruppe. Er sah mich an, öffnete den Korb und nahm das rabenschwarze Kätzchen heraus.

»Pour Mirage«, murmelte er und legte dem langhaarigen Schäferhund das schwarze Bündelchen auf den Bauch.



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